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Museum für die Zukunft

„Diversiteum“ – ein digitales Schaudepot für das naturhistorische Museum

„Wer in der Zukunft lesen will, muss in der Vergangenheit blättern“, sagte einst der französische Schriftsteller André Malraux. Und wo lässt es sich besser in unserer Vergangenheit blättern als in Museen? Sie sammeln, bewahren, forschen, stellen aus, vermitteln und tragen somit einen wesentlichen Teil zum Verständnis unserer Vergangenheit bei. Doch nicht zuletzt deshalb werden Museen oft als verstaubt und langweilig angesehen – ein weit verbreiteter Ruf, mit dem vor allem Naturhistorische Museen heute zu kämpfen haben. Doch woran liegt das? Und wie lässt sich das ändern?

 

Im Diversiteum wird der Besucher dazu eingeladen, die unvorstellbar großen Sammlungen digital zu entdecken und zu verstehen, was Naturkundemuseen heute besonders gesellschaftsrelevant und schützenswert macht.

1,5 Millionen Objekte

Die Sammlungen hinter Museen füllen heutzutage Hallen, die selten jemand zu sehen bekommt. Auch das Naturhistorische Museum in Mainz besitzt solch eine Sammlung. Mit der Landessammlung Rheinland-Pfalz kommt das Museum auf etwa 1,5 Millionen Objekte, die an vier verschiedenen Orten in Mainz aufbewahrt werden. Vom Herbarium, über Fossilien, Skelette, Mineralien bis hin zu in Alkohol eingelegten Präparaten ist eine extreme Vielfalt geboten, die der Öffentlichkeit jedoch größtenteils verschlossen bleibt.

Im Rahmen meiner Bachelorarbeit “Diversiteum” ist im Naturhistorischen Museum in Mainz ein Konzept für einen Ausstellungsraum entstanden, der diesen Prozess öffnet. Im Diversiteum wird der Besucher dazu eingeladen, die unvorstellbar großen Sammlungen digital zu entdecken und zu verstehen, was Naturkundemuseen heute besonders gesellschaftsrelevant und schützenswert macht. Forschung wird plötzlich hautnah spürbar.

Das alte Refektorium verwandelte sich im Rahmen des Projekts für eine Woche in eine Sonderausstellungsfläche. Mit Teppichboden und gemütlichen Sitzgelegenheiten bestückt, lädt der quadratische Raum dazu ein, Platz zu nehmen und zu verweilen. Auf einer Projektion über drei Wände können die Sammlungsobjekte des Mainzer Museums bestaunt werden. Ein Sprecher erzählt anhand von kurzen Beispielen davon, wie physische Datenbanken wie diese genutzt werden, um auf die Forschungs- und Gesellschaftsfragen von heute Antworten zu finden.

Da­ten­banken der Natur

Über das Herzstück des Raumes, einen zentralen Tisch, können die Besucher mit der Projektion interagieren. Dies geschieht über Figuren aus Plexiglas und Beton. Mittels RFID-Technik erkennt der Tisch die jeweilige Figur und gibt einen Befehl an die Projektion weiter. Wird eine der Figuren auf dem Tisch platziert, erscheint die jeweilige Objektgruppe auf der Wand. Bestimmte Figuren ermöglichen es, die abgebildeten Sammlungsgegenstände nach Kriterien wie Größe, Farbe, Alter oder Gewicht zu sortieren. Andere Figuren filtern beispielsweise nach existenten, heimischen oder den naturhistorisch wertvollsten Objekten. Die Besucher werden dadurch zum gemeinsamen Gestalten der Wände aufgefordert.

310 Objekte wurden im Rahmen des Projekts bisher exemplarisch digitalisiert. Erfasst wurden dabei Fotografien und Metadaten wie Titel, Art, Größe, Fundort und Datum. Inzwischen arbeitet das Museum jedoch weiter daran, die unzähligen Objekte zu digitalisieren. Wer möchte, kann dies auf dessen Instagramprofil verfolgen.

Durch die Kooperation mit der Institution Museum wurde das Projekt zu einer interdisziplinären Arbeit, was sich als sehr spannend und vielfältig herausgestellt hat. Die meiste Inspiration dafür konnte ich aus den Sammlungen und all ihren Objekten schöpfen. Ich hoffe, dass Außenstehende mein Konzept auch unter diesem Aspekt des interdisziplinären Austauschs sehen können.

Naturkundliche Sammlungen sind Datenbanken der Natur, die in der heutigen Zeit des massiven Artenrückgangs immer bedeutender werden. Die Sammlungen verschiedenen Bereichen wie Forschung, Medizin, Kunst, Start-Up oder Bildung zu öffnen, birgt nicht nur grenzenlose Inspiration, sondern auch das Potenzial, Innovationen zu schaffen. 

Bewahren wir uns diese Diversität also auch in Zukunft!

Autorin:

Ronja Butschbacher B.A., Absolventin des Studiengangs Kommunikationsdesign

 

Links:

Instagram Naturhistorisches Museum Mainz

 

Audiobespielung:

Sonderausgabe Forum

Dieser Artikel ist in der digitalen Sonderausgabe 1/2021 des Hochschulmagazins "Forum" erschienen.

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