Wie ein gemeinsamer Raum für eine Hochschule mit mehreren Standorten entsteht
Warme Farben, natürliche Materialien, mehr Gemütlichkeit: Seit Herbst 2023 arbeiten das Berliner Architekturbüro Kinzo und die Hochschule Mainz zusammen, um die öffentlich zugänglichen Bereiche im Altund Neubau am Standort Campus in der Lucy-HillebrandStraße so zu gestalten, dass sich Studierende, Lehrkräfte und Bedienstete alle gut damit identifizieren können. Eine Aufgabe mit vielen Herausforderungen.
Text: Neli Mihaylova
Der Umzug in den Neubau an der Lucy-Hillebrand-Straße wird eine neue Ära in der Geschichte der Hochschule Mainz markieren. Denn zum ersten Mal seit Jahrzehnten werden fast alle Fachrichtungen vereint an einem Standort sein. Dieser Umzug, geplant für 2026, bringt jedoch große Veränderungen mit sich: Zum einen werden am Campus viel mehr studentische Arbeitsplätze, Ausstellungsflächen und Rückzugszonen benötigt, zum anderen sollen die beiden Bauten ein Ort des Miteinanders werden.
Im Herbst 2023 beauftragte die Hochschule deswegen das Berliner Architekturbüro Kinzo mit der Aufgabe, die öffentlich zugänglichen Räumen im ersten und zweiten Bauabschnitt so zu gestalten, dass sie eine gemeinsame Identität weiter stärken. Maren Englisch übernahm das Projekt im März 2024. Ein zentraler Bestandteil ist die Erschließungsachse zwischen dem Alt- und Neubau, die interdisziplinär nutzbar sein soll. Darüber hinaus beschäftigt sich das Büro mit der Ausstattung der zentral möblierten Bereiche, einschließlich der Büroflächen, Seminarräume und studentischen Arbeitsplätze.
„Die Konzeptentwicklung begann mit Workshops, in denen Lehrende, Studierende, Bedienstete sowie der Personalrat von Anfang an einbezogen wurden, um ihre Wünsche und Bedarfe zu ermitteln“, erklärt Projektmanagerin Maren Englisch. Ergänzend dazu wurden Online-Interviews durchgeführt. Dieses wissenschaftliche Vorgehen erleichterte nicht nur die Planung der Flächen. Es soll auch sicherstellen, dass die Gestaltung und die Funktionen der neuen Flächen durch die Nutzerinnen und Nutzer später besser verstanden und angenommen werden.
Auf Basis der Ergebnisse aus den Workshops und Befragungen entwickelte Kinzo ein Konzept, das die öffentlichen Flächen in Zonen unterteilt und durch ein Möblierungskonzept unterschiedlichen Anforderungen gerecht wird. „Eine der größten Herausforderungen war die Belebung des Neubaus, da Teile der Hochschule aus der Innenstadt an den Stadtrand verlagert werden, was verständlicherweise Bedenken bei Studierenden und Lehrenden hervorruft – Cafés, Geschäfte und der Rhein sind nicht mehr in unmittelbarer Nähe“, erläutert Maren Englisch.
Entspannungszonen und Austauschflächen
Der Entwurf der Magistrale sollte daher als „Dritter Ort“ dienen, der Arbeitsmöglichkeiten, Entspannungszonen und Austauschflächen bietet und das städtische Angebot widerspiegelt. „In der Umsetzung greifen wir das Mainzer Stadtbild in unserem Farbkonzept auf und verwenden warme Materialien, um dem grauen Gebäude entgegenzuwirken und der schlichten Architektur mehr Gemütlichkeit zu verleihen“, fährt sie fort.
Eine weitere Herausforderung stellte die Einbindung zahlreicher Beteiligter dar. Denn die Interessen aller Fachbereiche, die zuvor an unterschiedlichen Orten gearbeitet und gelernt haben, sollten berücksichtigt werden. „Wichtig ist es für uns, dass sich alle mit den neuen Flächen identifizieren können und ihre Anforderungen in der Planung umgesetzt sehen“, betont Maren Englisch. Und diese Bedürfnisse sind sehr unterschiedlich: Manche Studiengänge wünschen sich großzügige Ausstellungsflächen, andere benötigen möglichst viele Arbeitsplätze im Bereich der öffentlichen Flächen.
Daher plant Kinzo für die Zonen in der Magistrale temporäre Arbeitsplätze, flexible Ausstellungs- und Veranstaltungsflächen sowie zahlreiche Begegnungsorte mit Versorgungsangebot. „Die individuellen Nutzungsmöglichkeiten einiger Flächen und die unterschiedlichen Qualitäten der Arbeitsplätze sollen den verschiedenen Bedürfnissen gerecht werden, Gestaltungsmöglichkeiten für die Studierenden bieten und den Austausch fördern“, so die Projektmanagerin.
Das Architekturbüro Kinzo hat bereits diverse Gemeinschaftsflächen im Umfeld von Unternehmen nach einem Campusgedanken entwickelt, wie zum Beispiel im Zalando Headquarter in Berlin oder im Headquarter des Kosmetikkonzerns Amore Pacific in Seoul. Es plant aber auch zentrale Gemeinschaftsflächen für das Deutsche Herzzentrum an der Charité in Berlin oder die Mensa des Studierendenwerks Bonn zusammen mit Studierenden und der dortigen Verwaltung.